Leute, ich will ehrlich sein, die aktuelle Situation ist echt zermürbend und demotivierend. Nichts ist wie es war und laut führenden Meinungsforschern werden wir uns wohl oder übel an diesen Zustand gewöhnen müssen. Wir erleben gerade das unkontrollierte Kollabieren unseres Alltags und der Welt, die wir kannten. Etablierte Regeln werden in Frage gestellt, unser Leben und Arbeitsalltag in kleine Puzzleteile zerlegt, die es nun gilt, neu zu sortieren und zu einem Bild zusammenzusetzen.
Wir Menschen tendieren in solchen herausfordernden Zeiten immer dazu, das Negative zu sehen und uns die alten Zeiten herbeizusehnen, anstatt die Situation zu akzeptieren, uns mit der Veränderung zu beschäftigen und positiv in die Zukunft zu blicken. Gerade in der Not setzten wir Menschen auf Vertrauen. Wir vertrauen darauf, dass wir gesund bleiben, dass wir gemeinsam mit unseren Mitarbeitern durch diese Krise kommen. Wir vertrauen auf unseren Staat und die regierenden Personen, dass Hilfspakete geschnürt werden und möglichst schnell ausgezahlt werden. Darauf, dass das Kurzarbeitergeld niemals zur Neige gehen möge. Doch eigentlich sollten wir besser die Angststarre verlassen und aufhören darauf zu vertrauen, dass der Spuk irgendwann ein Ende hat und alles beim Alten sein wird. Weitermachen, als ob nie etwas gewesen wäre? Sollten wir nicht besser zur Lebendigkeit zurückkehren und akzeptieren, dass sich die Welt verändert, anstatt dagegen anzukämpfen und Trübsal zu blasen?
Aktionismus statt Vertrauen:
Gerade wir Berater und Dienstleister sind dauerhaft mit sich ständig veränderten Rahmenbedingungen konfrontiert und haben gelernt am Puls der Zeit zu bleiben, den Trend am Markt zu beobachten und unseren Service und Produkte dahingehend anzupassen. Die entscheidende Frage ist vielmehr, wie sehr wir auf unsere eigenen Kräfte und Kreativität vertrauen, die uns aus dieser Krise herausführen können. Es geht um Unternehmergeist und Eigeninitiative und darum, auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren. Sie zu antizipieren. Wir sind alle für uns selbst verantwortlich, daher haben wir es selbst in der Hand – jeder einzelne von uns – aufzustehen und sich für die Zukunft zu rüsten. Es ist an der Zeit sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Energie darauf zu lenken, was wirklich wichtig ist, anstatt uns immer tiefer in den negativen Sog zu stürzen. Probleme bringen immer Veränderungen mit sich, anstatt diese zu ignorieren oder gar dagegen anzukämpfen, sollten man sich mit der neuen Situation, mit der wir konfrontiert sind, beschäftigen und diese Erkenntnisse nutzen, um ein «Future Mindset» zu entwickeln. Wir können nicht darauf vertrauen, dass sich der Markt und insbesondere den Mandanten, die wir bedienen, nach uns richten werden. Wir haben die Aufgabe, unsere Portfolios und Dienstleistung an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen, dass wir zukünftig Relevanz am Markt haben und einen Mehrwert für unsere Mandanten liefern können.
Drei Thesen zu meinem «Future Mindset»:
1. Die Sehnsucht nach Zwischenmenschlichkeit und echten Erlebnissen:
Wir Menschen sind soziale Wesen und Rudeltiere. Wir brauchen soziale Kontakte und Gemeinschaftserfahrungen, um nicht zu vereinsamen. Zwischenmenschlichkeit, Austausch und Gemeinschaft sind Urinstinkte des Menschen, die wir zum Überleben brauchen.
Wir werden uns wohl damit abfinden müssen, dass wir auf absehbare Zeit keine Festivals, Sportereignisse oder kommerzielle Großveranstaltungen erleben werden. Das bedeutet aber keineswegs, dass kollektive Erlebnisse aussterben werden, sondern es verstärkt das Bedürfnis und die Sehnsucht nach außergewöhnlichen Erlebnissen nur noch mehr. Aktuell befinden wir uns in einer Art „Fastenzeit“, in der wir unsere Bedürfnisse auf das wesentliche reduziert haben. Familie, Freunde, Partnerschaften, für die wir bis dato keine Zeit hatten oder uns sie nicht genommen haben, sind plötzlich in den Fokus gerückt.
Doch genau aufgrund dieses inneren Wandels und der sozialen Fastenzeit, die wir im „Hausarrest“ verbringen mussten, ist der Durst nach Erlebnissen groß und zeigt, dass Live-Marketing und der Veranstaltungssektor auf gar keinen Fall vom Aussterben bedroht ist. Eine gute Nachricht und ein Grund positiver in die Zukunft zu blicken.
2. Weniger ist mehr!
Sozialer Verzicht führt, laut dem Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx, selten zu Vereinsamung und muss nicht unbedingt ein Verlust bedeuten. Im Gegenteil, Horx sagt, dass sich viele Menschen nach der ersten Schockstarre sogar erleichtert fühlen, dass das viele Rennen, Reden und Reisen durch die Pandemie zu einem Halt kam. Mit der Pandemie haben wir gelernt, bewusster durchs Leben zu gehen. Wir haben plötzlich erkannt, wie selbstverständlich wir alltägliche Dinge konsumiert haben. Ähnlich hat der Drang nach Erlebnissen dazu geführt, dass wir diese wie Fast Food verschlungen haben. Corona hat unser Hamsterrad und das Verlangen nach immer schneller, immer mehr abrupt gestoppt.
Diese Werte-Inventur wird dazu führen, dass die qualitativen Anforderungen an das Live-Marketing und die Unterhaltungsindustrie, wesentlich steigen werden und somit die Experience Economy nachhaltig prägen wird. Veranstaltungen und Erlebnisse müssen einen echten Mehrwert bieten, um Konsumenten aus ihrer sicheren Blase – aus ihrem „zu Hause“ – herauszulocken. Meiner Meinung nach werden die Besucherzahlen von Veranstaltungen drastisch reduziert werden müssen, um überhaupt noch durchführbar zu sein. Es könnte dazu führen, dass Veranstaltung so zu einem elitären Gut für einen wesentlichen kleineren Kreis der Gesellschaft werden.
Mit diesem Umstand müssen wir Live-Marketer, Veranstalter aber auch die Unternehmen beschäftigen, uns vorbereiten und in Mehrwerten denken. Die Absicht und der klare Nutzen müssen für den Konsumenten ersichtlich sein. Die Inszenierung und das Storytelling werden an Bedeutung gewinnen, um Konsumenten auf Veranstaltungen zu locken. Eine weitere gute Nachricht, wie ich finde: Wir Marketingberater werden gebraucht, um mit unseren Kunden gemeinsam diese Herausforderung zu meistern.
3. Get digital now!
Ausgangsbeschränkungen und die Versammlungsstätten-Verbote führten dazu, dass plötzlich die Heimat, das „zu Hause“, die eigenen vier Wände zum Erlebnis wurden. Schließlich sind wir da in Sicherheit. Home-Office statt Bürowahnsinn, Telefonkonferenzen statt Geschäftsreisen und heimatliche Gefilde ersetzen die Fernreisen. Doch Technologie und Digitalisierung ermöglichten es auch Abwechslung, Unterhaltung und Erlebnisse direkt in die Wohnzimmer der Konsumenten zu liefern.
Aber ich kann auch die derzeitige Kritik an virtuellen Veranstaltungen nachvollziehen: Analoge Erlebnisse sind mit virtuellen nicht zu vergleichen. Doch der Vergleich ist auch nicht fair. Natürlich ist es nicht dasselbe, schlussendlich wollen wir keine 1:1 Kopie der realen Welt im digitalen Raum schaffen, die den Live-Besuch eines Konzerts oder eine Messe vor Ort ablösen soll. Vielmehr ist Digital als Erweiterung zu sehen, die einen Mehrwert zu unserer bis dato gewohnten Welt beisteuern kann und Möglichkeiten aufzeigt, die in der Realität niemals machbar wären. Ich sehe genau diese Zeit als Chance, um mit digitalen Tools zu spielen und davon zu lernen. Es gilt die hybriden Veranstaltungsformate der Zukunft zu entwickeln, denn eines hat uns Corona gezeigt: Digital ist krisensicher und das technologische Bindeglied der gesamten Welt. Digitalisierung wird auch aus dem Live-Marketing nicht mehr wegzudenken sein.
Conclusio:
Ich glaube zutiefst an die Zukunft von Messen und Live-Veranstaltungen, jedoch werden wir geduldig sein müssen, bis wir solche Großveranstaltungen wieder durchführen und erleben können. Darüber hinaus wissen wir nicht, unter welchen Auflagen und Einschränkungen. Daher ist es keine Option, den Kopf in den Sand zu stecken und an unseren alten analogen Denkmustern festzuhalten, um jegliche neue Ideen im Keim zu ersticken. Denn die Welt dreht sich weiter.
Strategisches Marketing hilft uns dabei die veränderten Rahmenbedingungen zu erkennen, zu verstehen und zu interpretieren. Back to the roots sozusagen. Mir hat die Analyse enorm geholfen, um positiv in die Zukunft zu blicken. Der Markt ist hungrig und wartet sehnsüchtig darauf, Erlebnisse zu konsumieren, gerade nach dieser einschneidenden Zeit. Die Experience Economy leistet einen wesentlichen gesellschaftspolitischen Beitrag, um die Menschen zu vereinen und liefert positive Erlebnisse. Jedoch wird es neue Strategien und eine neue Denkweise im Live-Marketing erfordern, sich auf die neuen Rahmenbedingungen und Anforderungen im Markt einzustellen. Es ist also an der Zeit sich auf die Veränderungen einzulassen, diese zu verstehen und ein «Future Mindset» zu entwickeln, um sich einen sichtbaren kompetitiven Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu erarbeiten.
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